Das Selbst und die Fürsorge - Katharina Höricke
2563
post-template-default,single,single-post,postid-2563,single-format-standard,bridge-core-2.6.2,cookies-not-set,qodef-back-to-top--enabled,,qode-essential-addons-1.6.4,qode-page-transition-enabled,ajax_fade,page_not_loaded,qode-page-loading-effect-enabled, vertical_menu_transparency vertical_menu_transparency_on,qode-title-hidden,qode_grid_1300,footer_responsive_adv,qode-theme-ver-24.7,qode-theme-bridge,qode_advanced_footer_responsive_1000,qode_header_in_grid,wpb-js-composer js-comp-ver-7.9,vc_responsive

Das Selbst und die Fürsorge

Das Gemeine an der Fürsorge ist, dass sie ohne wohlgesonnene Beziehung zum eigenen Selbst nicht im gesunden Maß möglich ist. Denn, je weniger Fürsorge man für sich selbst trägt, desto weniger gut kann man für andere sorgen. Wir geben dann entweder zu wenig oder zu viel, wobei letzteres sehr viel häufiger der Fall ist.

Wie fürsorglich ich mit mir und anderen umgehe, hängt also ganz stark damit zusammen, in welcher Beziehung ich zu mir stehe.

An sich eine echt verrückte Sache: Die längste Beziehung, die wir in unserem Leben führen, ist diejenige zu uns selbst. Und obwohl wir unser ganzes Leben lang mit uns auskommen müssen, neigen wir dazu, in diese Beziehung sehr viel weniger zu investieren, als in andere.

Da dies aber nun die längste und vermutlich sogar engste Beziehung ist, die wir überhaupt führen können, hat es Sinn, sich zu fragen, wie wir diese gestalten. 

Nun, stellen wir uns diese Frage überhaupt?

Nach einer längeren Zeit meines Lebens mit wenig Selbstfürsorge begann ich, vor allem aufgrund körperlicher und psychischer Beschwerden, mein Verhalten zu hinterfragen. Bis dahin folgte es häufig verinnerlichten Mustern und unförderlichen Glaubenssätzen. Gut zu erkennen auch an einer gewissen Kratzbürstigkeit, ab und an.

Die Veränderung begann mit ganz kleinen Schritten. In meiner ersten eigenen Wohnung fiel mir auf, dass ich mir kein Obst kaufte und sorgte ab dann dafür, dass wenigstens Orangen immer da waren.

Meine Tomatensauce zu Spaghetti bestand aus Ketchup, noch mehr Zucker, Curry und Champions aus der Dose. Irgendwann gab es auch frisches Gemüse dazu.

Lange Zeit kellnerte ich in Schuhen, die mir Schmerzen bereiteten. Es waren die einzigen schwarzen Schuhe, die mir gefielen, aber ich bekam sie nur eine Nummer kleiner. 

Ich heizte das altberliner Klo in meiner ersten Wohnung nicht und fror morgens darin.

Eine zeitlang verwendete ich sogar kaltes Wasser zum Abwaschen, um Geld zu sparen.

Zu fragen, ob das wirklich so sein muss, klingt banal einfach und ist trotzdem ein erster notwendiger Schritt, um Veränderung anzustoßen. Ich begann zu überprüfen –  will ich das wirklich so? Tut mir das gut?

Dann braucht es „nur“ noch die Motivation, Veränderung wirklich umzusetzen. Leider müssen wir dafür häufig erst an unsere Grenzen stoßen, so wie ich damals auch. Wie schön wäre es doch, wenn eine „banale“ Frage das verhindern könnte. Dann verschwindet auch die Kratzbürste.